Beitragsentwicklung

Potentiell steigende Beiträge im Alter verunsichern viele Versicherte. Diese Unsicherheit machen sich auch einige gesetzliche Krankenkassen zu Nutze und warnen Ihre Versicherten vor der PKV. 

In diesem Zusammenhang fällt dann häufig Begriff der "Vergreisung". Gemeint ist hiermit, dass Versichertenkollektive, also die in einem Tarif versicherten Personen, wenn keine jungen Versicherten hinzukommen, im Ganzen überdurchschnittlich altern. Dann würden zwangsläufig die Kosten und in der Folge Beiträge steigen weil alte Menschen mehr Kosten verursachen und die jungen, gesunden Beitragszahler fehlen.

Diese Aussage ist jedoch so nicht richtig. Warum ist dies so ist möchte ich Ihnen vereinfacht darstellen:

In der privaten Krankenversicherung muss ein Versicherer die Kosten für Leistungen, die er in einem Tarif zu erbringen hat, kalkulieren (Kalkulationsverordnung KalV). Hierbei muss der Versicherer statistisch ermitteln, welche Kosten im Laufe des Versichertenlebens entstehen können.

In die Kalkulation fließen beispielsweise ein:

  • Rechnungsgrundlagen (z.B. Rechnungszins, Krankheitskosten (Kopfschäden))
  • Zuschläge für Vorerkrankungen
  • Alterungsrungsrückstellungen
  • Vertragskosten (z.B. Abschlusskosten, Schadenregulierungskosten, Verwaltungskosten)

Der Versicherer kalkuliert nun den Bedarf und "bildet" zusätzlich zu den kalkulierten Krankheitskosten einen Kapitalstock (Rückstellungen) um die höheren Krankheitskosten im Alter ausgleichen zu können. Die "Rückstellungen" werden allerdings nicht für einzelnen Versicherten wie auf einem Sparbuch angespart, und dann im Alter ausgezahlt oder mit steigenden Kosten verrechnet sondern wirken sich auch unmittelbar auf den Versicherungsbeitrag aus.  Im Optimalfall sollten die so kalkulierten Beiträge dauerhaft stabil bleiben und das Kostenrisiko des Versicherten auf Lebenszeit decken können.


Warum aber steigen dennoch die Beiträge?
 

Es gibt einige Punkte, die ein Versicherer heute nicht dauerhaft kalkulieren kann, wie z.B. :
 

  • steigende Kosten im Gesundheitswesen (Inflation/Innovation)
  • steigende Lebenserwartung (längeres Leben = höhere Krankheitskosten)
  • neu hinzukommende Krankheiten/Krankheitskosten


Zum letzten Punkt ein Beispiel:

Aids oder Burn Out waren in den Siebziger Jahren kaum ein Thema und somit die Behandlungskosten kalkulatorisch zu vernachlässigen. Heute verursachen diese Krankheiten hohe Kosten bei den Versicherern. Entsprechend müssen die Krankenversicherer Veränderungen bei Bekanntwerden für die Zukunft neu berücksichtigen. Wird eine solche Entwicklung eingepreist, steigen folglich für die Restversicherungdauer die Beiträge.

 

Als zusätzliches Instrument zur Beitragsstabilisierung bei älteren Versicherten wurde zum 01.01.2000 der "gesetzliche Zuschlag" eingeführt. Dieser soll bei Versicherten ab dem 65. Lebensjahr zusätzlich zur Stabilisierung der Krankenversicherungsbeiträge zur Verfügung stehen.

Brisanter ist das Thema Beitragssteigerung in der PKV, wenn der Versicherer z.B. aus Marketinggründen neue Tarife möglichst billig an der unteren Grenze des möglichen Bedarfes kalkuliert oder bei der Risikoprüfung zu "lachs" vorgeht und Risiken zu billig versichert anbietet. Dann ist natürlich absehbar, dass die Beiträge übermäßig steigen, denn der Felhlbetrag muss zwangsläufig irgendwann ausgeglichen werden. Junge, billige Tarife sind daher mit besonderer Sorgfallt zu prüfen und im Zweifellsfalle sollte eher ein Tarif gewählt werden, der auch in der Vergangenheit schon eine angemessen Beitragsentwicklung vorweisen kann. Schauen Sie aber in erster Linie auf die vertraglich zugesicherten Leistungen - die beste Beitragsstabilität bringt Ihnen wenig, wenn Leistungen fehlen und Kosten nicht übernommen werden.

Die Beitragsanpassungen in der PKV sind also wichtig, damit Sie langfristig auch den Schutz erhalten können, der Ihnen bei Vertragsabschluss zugesagt wurde bzw. dieser bezahlbar bleibt.

Die GKV hat hier meines Erachtens nach das weit aus größere Problem, denn hier werden die zukünftigen Ereignisse nicht in Form einer Rücklage berücksichtigt. Zudem ist hier die Zahl der Beitragszahler aufgrund der demographischen Entwicklung voraussichtlich rückläufig und eine große Anzahl an Leistungsbeziehern, die keine Beiträge entrichten, übt zusätzlich Druck auf das System aus.

Das Einführen einer „Einheitsversicherung“ nach dem Modell der GKV sorgt sicherlich kurzfristig für eine Beitragsentlastung, denn aus der PKV würden einige Beitragszahler in das System der GKV kommen, doch das Problem, dass bei steigender Zahl an Leiszungsbeziehern entsteht, wird hierdurch nicht gelöst sonder nur kurzfristig verschoben.

Werfen wir einmal einen Blick auf die Beitrgsentwickung in der gesetzlichen Krankenversicherung:

In der GKV zahlte ein Versicherter 1970 einen Höchstbeitrag 98,40 DM = 50,31 € 
(altes Bundesgebiet, Versicherungspflichtgrenze 1.200 DM, Beitragssatz 8,2%)

Heute (2013) zahlt der Versicherte (ohne Kinder mit Krankengeldanspruch) im Höchstbeitrag 610,31 € zzgl. 90,56 € = 700,87 €  
(Gesamtbeitrag incl. Arbeitgeberanteil), Beitragsbemessungsgrenze 3.937,50 €, Beitragssatz 15,5%, Pflegeversicherung Kinderlose 2,3%)

Hinzu kommen Zuzahlungen und/oder Leistungsausschlüsse in der GKV (Praxisgebühr, Medikamentenzuzahlungen, fehlende Leistungen für Brillen bei Erwachsenen usw.) die der Versicherte selber zu tragen hat.

Sicherlich reduzieren sich die Betragsaufwendungen bei Angestellten durch den Arbeitgeberanteil, doch dies gilt auch in der PKV.

Die Beitrags-/Kostenentwicklung in der GKV (ca. Verzwölffachung/ca. 6% jährlich) ist in meinen Augen nicht das vordergründige Erntscheidungskriterium für oder gegen eine PKV.

 

Eine Reihe von privaten Krankenversicherern bieten zudem Tarife für eine Beitragsentlastung im Alter an.